Hallöchen.
Diesen Beitrag habe ich in der letzten Nacht geschrieben. Das Internet hat allerdings nicht gereicht, um ihn auch direkt mit euch zu teilen. Jetzt funktioniert aber alles super also viel spaß damit :
Während ihr wahrscheinlich grade eure erste Pause bei der Arbeit einlegt oder (die Studenten, Schüler oder Rentner unter euch) noch die letzten Stunden schlaft, sitze ich in einem Bus. Ich bin unterwegs von Salmon Arm nach Calgary und hier ist es gleich zwei Uhr. Der komplette Bus ist dunkel und alle um mich herum schlafen. Ich bin die einzige, die mit offenen Augen (und zeitweise offenem Mund) aus dem Fenster starrt. Jeder hier, der mein Gesicht sehen könnte, würde mich wahrscheinlich für komplett bescheuert erklären, denn eigentlich gibt es draußen nicht viel zu sehen – es ist dunkel. Meine Augen haben sich aber inzwischen so an die Dunkelheit gewöhnt, dass ich noch etwas mehr sehe. Ich sehe das Land, was ich mir 1,5 Jahre während meiner Vorbereitungen vorgestellt habe – es übertrifft meine Vorstellungen noch, es ist total schön.
Vor ca. zwei Stunden sind wir in die Berge gefahren und seit dem fahren wir gefühlt nur geradeaus. Links und rechts von der Straße ragen durch die Dunkelheit der Nacht schwarze, schnurgrade Tannenbäume auf (die Pflanzenfreunde unter euch, könnten mir jetzt bestimmt erklären, dass das „keine einfachen Tannen sondern…..“ – naja egal, für mich sind es Tannenbäume. ). So weit erstmal noch nichts aufregendes. Alle paar Kilometer reißen die Tannen-Reihen dann aber mal ab und geben einen wunderschönen Ausblick frei. Gegen einen dunkelgrauen Himmel, vor dem ein paar helle Wolken vorbei ziehen, heben sich tief schwarz ein paar Bergspitzen ab, auf denen teilweise noch Schnee liegt. Das Besondere an der Kulisse ist aber, dass die Bergspitzen am „Fuß“ von dicken Wolkenschichten umgeben sind, so dass es so aussieht, also würden die Berge aus einer riesigen Watteschicht wachsen. Ich warte die ganze Zeit darauf, dass irgendwelche Fabelwesen aus den Wolken auftauchen (vielleicht hätte ich doch nicht so viel Harry Potter gucken sollen….
)
So, nachdem ihr nun wisst, unter welch schönen Umständen ich diesen Eintrag schreibe, komme ich zur Zusammenfassung meines ersten Monats in Kanada. Außerdem muss ich euch unbedingt von der 2 Ständigen Autofahrt nach Vernon heute Morgen erzählen. Sagen wir mal so, sie war besonders.
Aber von Anfang an: Im Nachhinein ist die Zeit auf der „Three Willows Farm“ schneller vergangen, als anfangs gedacht. Auch wenn ich mir zwischendurch ein bisschen mehr Action als Bingo, Bowling und Bridge gewünscht hätte, ist mir der Abschied doch recht schwer gefallen. Ich hätte nicht gedacht, dass nicht ganz ein Monat ausreicht, um einen richtigen „Alltagsrhytmus“ zu entwickeln. Für alle nachfolgenden Farmen wird es definitiv schwierig, an die Qualität des Essens heran zu kommen, allerdings auch die Kalorienmenge pro Mahlzeit muss erstmal jemand nachmachen. Was ich mir von den nächsten Farmen erhoffe, was mir bei Edna etwas gefehlt hat, ist Gleichaltrige um mich zu haben. Außerdem würde ich mir wünschen, dass die Pferde auf den nächsten Farmen besser im „Western-style“ ausgebildet sind und nicht „je nach Wwoofer“ mal so und mal so geritten werden.
. Was ich auf jeden Fall nicht vermissen werde, ist Ednas Fahrstil. Auf der Fahrt nach Vernon heute bin ich sprichwörtlich 1000 Tode gestorben und stand dauerhaft „symbolisch“ mit auf der Bremse. An jeder Ampel blieb mir kurz die Luft weg, weil Edna immer erst gebremst hat, nachdem ich schon gefühlte 5 Minuten den Eindruck hatte „man müsste jetzt eigentlich mal auf die Bremse treten WENN MAN DAS NOCH SCHAFFEN WILL…..Puh, grad nochmal so…“. Aber eigentlich hätte ich mir gar keine Sorgen machen müssen. Wenn der Bremsweg nämlich wirklich mal etwas zu kurz war, hat Edna, geschickt wie sie ist, ohne Rücksicht auf Verluste einfach die Spur gewechselt. Da war schließlich nach vorne hin noch genug Platz und der Hintermann muss halt mal etwas fester auf die Bremse treten – macht ja nichts. Wenn wir es dann doch grade noch so vor der roten Ampel oder dem Vordermann zum Stillstand geschafft haben, wurde das soeben beendete Manöver nur mit einem „ Oh my gosh“ kommentiert um dann wieder mit Drehzahlen um die 5000 anzuführen (Ich habe wirklich kurz darüber nachgedacht, einen Tonmitschnitt zu machen. Ich hatte aber Angst, den Türgriff los zu lassen ) Auf die genauere Schilderung von „den zu schnellen Kurven“, dem „Ausweichmanöver als das Feuerwehrauto kam“ und der Geschichte „Wie durchfährt man möglichst viele Einbahnstraßen in falscher Richtung?“, verzichte ich mal. Ich glaube, ihr habt auch so verstanden, dass Edna der Absolute Knaller ist, sowohl auf ihrer Farm, als auch hinter dem Steuer!
So jetzt geht es hier langsam auf halb 4 zu und ich werde versuchen, noch eine Mütze voll Schlaf zu bekommen. Immerhin muss ich noch etwas durchhalten, denn werde erst um 17:30 Uhr heute Abend in Leduc abgeholt. In dem Sinne eine gute Nacht/Tag für alle, die es in diesem Monster Beitrag bis ganz nach unten geschafft haben.
Eure Jojo J